Kommentar

Ein Nein zum Symbol des politischen Islam

Das Ja zur sogenannten Burka-Initiative hat andere Gründe als das Ja zur Minarett-Initiative. Deutlich zeigt sich das beim Abstimmungsresultat in der Westschweiz.

Christina Neuhaus 281 Kommentare
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Verhüllte Frauen beim Shopping in Genf.

Verhüllte Frauen beim Shopping in Genf.

Salvatore Di Nolfi / Keystone

Jetzt ist das eingetreten, was sich spätestens nach der ersten Umfrage abgezeichnet hatte: Die Mehrheit der Stimmberechtigten eines liberalen Staates hat sich für ein in der Verfassung verankertes Kleidungsverbot ausgesprochen. Gross ist die Zustimmung im Tessin, das bereits ein Verhüllungsverbot kennt, auffällig hoch der Ja-Anteil in der Romandie. Initiativen mit rechtsbürgerlichem Absender hatten dort in der Vergangenheit wenig Chancen. Die französischsprachigen Kantone stimmen oft linker als die Deutschschweiz.

Dass sich bei der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» bereits früh ein deutliches Ja abgezeichnet hat, überrascht nur auf den ersten Blick. Die brutalen Auswüchse des politischen Islam im nahen Frankreich prägten auch die Debatte in der Westschweiz. Sogar die Linke war gespalten. Gemeinsam mit Mittepolitikern gründeten linke Befürworter ein Komitee, das sich für ein Verhüllungsverbot einsetzte. Ihr Ja richtete sich nicht gegen Muslime, sondern gegen die Verhüllung des Körpers und des Gesichts. Ein Nikab oder eine Burka seien diskriminierend, frauenverachtend und ein Zeichen der Unterdrückung der Frau.

Die Gründe, die in der Westschweiz den Ausschlag für ein Ja gaben, sind dieselben, die der Initiative in der Deutschschweiz zum Durchbruch verhalfen. Es ging darum, ein Zeichen gegen den frauenverachtenden politischen Islam zu setzen. Die Aussage des Sprechers der Föderation Islamischer Dachorganisationen, er fürchte nun um die Sicherheit der Muslime in der Schweiz, da Frankreich nach dem Verbot einen Anstieg der Gewalt erlebt habe, ist politisch gefärbte Unheilsprophetie. Die Schweiz ist nicht Frankreich. Das Verbot wird keinen Anstieg antiislamischer Gewalt auslösen. Angriffe auf Moscheen und Muslime werden bedauerliche Einzelfälle bleiben.

Die Abstimmung über die Verhüllungsverbots-Initiative war eine mehr als seltsame Übungsanlage. Die Diskussion konzentrierte sich bald auf die Vollverschleierung muslimischer Frauen, obwohl sich in der Schweiz ausser Touristinnen und ein paar Konvertitinnen nur wenige Frauen im Nikab auf der Strasse zeigen.

Liberale wandten ein, dass ein Kleiderverbot nicht in die Bundesverfassung gehöre. Musliminnen und Muslime fürchteten eine zusätzliche Stigmatisierung. Feministinnen monierten, es gehe um die Bevormundung von Frauen. Die feministische Debatte nahm dabei mitunter bizarre Züge an. Etwa wenn die Soziologin Agnès De Féo behauptete, der Nikab gebe den Frauen Selbstvertrauen. Er sei zu einem Zufluchtsort vor einer Gesellschaft geworden, die Frauen sehr harte Normen aufzwinge.

Die SVP war die einzige politische Partei, die sich klar für ein Ja zur Initiative ausgesprochen hatte und auch ihr Elektorat geschlossen hinter sich wusste. Die FDP, die sich zu einem Nein durchgerungen hatte, war gespalten. Die Linke ebenfalls.

Die sogenannte Burka-Initiative sei lediglich Symbolpolitik, sagten ihre Gegner – und das ist sie auch. Sie wendet sich gegen das Symbol einer menschenverachtenden, totalitären Ideologie. Bei der Abstimmung über die Minarett-Initiative gaben zweifellos antimuslimische Ressentiments den Ausschlag. Man wollte den Islam und die Muslime ins gesellschaftliche Abseits drängen. Beim Ja zum Verhüllungsverbot steht nicht der Islam im Zentrum, sondern der Islamismus.

Zu glauben, der politische Islam äussere sich in der Schweiz kaum, ist naiv. Auch hier werden Moscheen mit Geld aus Saudiarabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar, Kuwait oder der Türkei finanziert. Auch hier gibt es Parallelgesellschaften. Die «Burka-Initiative» ändert daran nichts. Aber sie gibt der Politik den Auftrag, besser hinzuschauen.

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Remo Hausmann

Die Juso-Präsidentin macht sich mit anarchistischen Gruppierungen gemein und die Jungen Grünen wollen einen möglichen Gerichtsfall von Burkaträgerinnen wenn nötig bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterziehen. Mittlerweile nur noch fragwürdig und staatspolitisch äusserst bedenklich wie die Linken durchdrehen, wenn demokratische Abstimmungen durch die Schweizer Bevölkerung nicht nach deren Gusto ausgehen.

Roland Dr. Mock

Ich denke, die Schweizer haben eine kluge, weitreichende Entscheidung getroffen. Diejenigen, die immer noch meinen, sie hätten über eine „Kleiderordnung“ abgestimmt, werden es auch in Zukunft nicht begreifen. Oder sie stellen sich einfach nur so naiv. Und denjenigen, die argumentieren, es sei doch nur ein Bruchteil der Musliminnen, die voll verhüllt herumlaufen, empfehle ich einen Blick in die Fußgängerzonen von Städten wie Köln oder München: Da begann es auch vor zwanzig Jahren mit wenigen „Ausnahmen“. Ein Land sollte sich entscheiden, ob es seine nationale und kulturelle Identität wahren oder preisgeben möchte. Und eine - wenn auch knappe - Mehrheit der Schweizer hat sich heute für die erste Variante entschieden.